Besuch im Silberbergwerk: Eine Reise in die Geschichte des Wertes
Ein verregneter Tag im Urlaub kann manchmal zu unerwarteten Entdeckungen führen. So erging es meiner Frau und mir kürzlich in Tirol, als wir uns auf Grund des nicht aufhörenden Regens entschieden, ein Silberbergwerk in der Nähe von Schwaz zu besuchen. Da ich mich beruflich mit Silber beschäftige, war meine Neugierde natürlich sofort geweckt. Was wir dort erfahren haben, hat uns nicht nur über die faszinierende Geschichte des Edelmetalls aufgeklärt, sondern auch über die Macht und den Einfluss, den es über die Jahrhunderte hinweg hatte.
Mit einer Gruppe von ca. 18 anderen Personen sind wir mittels einer Grubenbahn in die Tiefe des Bergwerks gefahren – etwa 800 Meter hinab. Dort eröffnete sich uns eine Welt aus engen Gängen und dunklen Höhlen. Die gesamte Länge dieser Gänge beträgt erstaunliche 500 Kilometer, und die Bauzeit erstreckte sich über 26 Jahre. Doch die eigentliche Sensation war ein riesiges Holzrad mit einem Durchmesser von 10 Metern, das in 22 Jahren Bauzeit gefertigt wurde und Millionen Liter Wasser nach oben befördern konnte. Diese Technik war notwendig, um den Herausforderungen des Bergbaus in großen Tiefen gerecht zu werden.
Die Geschichte des Bergwerks reicht weit zurück in das Mittelalter. In der Blütezeit des Silberbergbaus um 1500 war Schwaz das Montanzentrum Europas. Ganze 85% des weltweit produzierten Silbers stammten aus dieser Stadt, was sie zu einem der reichsten Orte Europas machte. Die reichen Handelsfamilien, die aus diesem Silber ihren Einfluss schöpften, hatten sogar maßgeblichen Einfluss auf die Politik Europas und die Entdeckungen der Neuen Welt.
Während des 15. und 16. Jahrhunderts war Schwaz die größte Bergbaumetropole Mitteleuropas und zählte mit 20.000 Einwohnern nach Wien zu den größten Ortschaften im Habsburgerreich. Die Menge von 15,7 Tonnen Brandsilber, die im Jahr 1523 gefördert wurde, machte zu dieser Zeit 85% des weltweit geförderten Silbers aus. Die Besonderheit des geförderten Fahlerzes führte dazu, dass auch eine große Menge an Kupfer gewonnen wurde, das frei auf dem Markt verkauft werden konnte. Diese Faktoren trugen dazu bei, dass die anfänglich einheimischen Gewerken nach und nach von finanzkräftigen ausländischen Handelsfamilien abgelöst wurden, darunter die berühmten Fugger und Manlich aus Augsburg.
So wurde aus Silber Geld
Der Silberbergbau hatte nicht nur wirtschaftliche Auswirkungen, sondern prägte auch die Währungsgeschichte. Der „Taler“, der im Haller Münzamt geprägt wurde, wurde zu einer der ersten hochwertigen Silbermünzen und fand als Währung in ganz Europa Verwendung. Die Bezeichnung „Taler“ leitet sich vom Ort Joachimstal ab, wo die Grafen von Schlick diese Münzen prägten. Diese Münze lebt heute noch in Form des Dollars fort – ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Werte und Währungen im Laufe der Zeit transformieren können. Ich selbst durfte einen Taler aus 999,7 / 1000 Anteilen Silber in dem Silberbergwerk schlagen (siehe Bild der Münze und das Zertifikat).
Persönlich habe ich viel aus diesem Besuch mitgenommen. Silber ist seit Jahrhunderten ein begehrtes Tauschmittel und die „Eliten“ schaffen sich damit nach wie vor Macht und Einfluss. Heutzutage mag der Wandel von Gold- und Silbermünzen zu Papiergeld und digitalen Währungen das Spiel verändert haben, doch der Kern bleibt derselbe: Werte werden von vielen kleinen Taschen in die wenigen großen verschoben.
Heute müssen wir nicht mehr tief in ein Bergwerk hinabsteigen, um Silber zu besitzen. Wir können physischem Silber und Gold einfach erwerben. Dadurch haben wir die Möglichkeit, uns außerhalb des Papiergeldsystems abzusichern. Es gab schon viele Geldsysteme, aber immer nur eine Art von Gold und Silber. Während die Menschen in der Region Tirol nur wenig über ihre glorreiche Silbervergangenheit wissen (gewollt), bleibt die Tatsache bestehen, dass Silber über die Jahrhunderte hinweg einen immensen Einfluss auf die Wirtschaft und die Finanzwelt hatte und hat.